Am Donnerstagabend startet das Konstanzer LGBTIQ*-Filmvestival «Queergestreift» mit seiner 31. Auflage. In den kommenden fast zwei Wochen gibt es im Zebra Kino Konstanz eine preisgekrönte und vielfältige Auswahl an queeren Filmen zu sehen, begleitet von einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm. Hier die Hinweise auf die ersten drei Festivaltage.
Donnerstag, 12. April 2018- Opening Night
19:00 Uhr: Hard Paint
21:45 Uhr: Miss Rosewood
Hard Paint
Neonfarben auf nackter Haut, ein verführerischer Körper im Schwarzlicht – das ist das Markenzeichen der erotischen Live Cam-Shows von Garoto Neon. Garoto Neon ist Pedro (Shico Menegat), der mit seiner Schwester Luiza (Guega Peixoto) in einer tristen Hochhaussiedlung im südbrasilianischen Porto Alegre lebt. Mit den Sex-Shows im Internet verdient er sich seinen bescheidenen Lebensunterhalt. Als Luiza für einen neuen Job die Stadt verlässt, ist ihr Bruder auf sich allein gestellt. Der introvertierte Aussenseiter zieht sich zurück, verlässt pro Tag nur genau fünf Minuten das Haus. Auch im Internet holt ihn die Realität ein: Die Gunst der Zuschauer ist eine hart umkämpfte Währung. Für Pedro ist es ein Schock, dass ein Konkurrent sein Konzept erfolgreich kopiert. Er sucht die Konfrontation und lernt so den charismatischen Leo (Bruno Fernandes) kennen. Auf Anspannung folgt bald Zuneigung. Doch das echte Leben ist hart und da hat es die Liebe nicht leicht…
Miss Rosewood
Miss Rosewood ist selbsternannte Transgender-Terroristin in New Yorks Hardcore Performance Szene, ein Skandal auf High Heels, die einzige Frau mit ausreichend Eiern in der Hose, ein Kondom über den Köpfen von Promis auszuleeren und mit Körperflüssigkeiten um sich zu werfen. Sie überrumpelt die Zuschauer*innen regelrecht mit ihrer Performance.
«Miss Rosewood» ist eine Dokumentation über das Wandeln eines Menschen durch die verschiedenen Spielstätten des Lebens.
Freitag, 13. April 2018
18:30 Uhr: Garten der Sterne – mit Aktivist Bernd Bossmann
20:30 Uhr: After Louie
22:45 Uhr: Bar Bahar
Garten der Sterne
Mitten in Berlin gibt es einen Ort der Ruhe und Besinnung. Einen Ort, an dem das Ende des Lebens mit dem Anfang vom Danach aufeinander treffen. Das erste Friedhofscafé Deutschlands: das «Finovo». Bernd Bossmann leitet es nicht nur. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Eltern von Sternenkindern, totgeborenen Kindern, die schweren Stunden des Abschieds zu erhellen und einen ansonsten sehr traurigen und trostlosen Ort zu einem Ort der Worte und Begegnungen umzugestalten.
After Louie
Sam, ein New Yorker Künstler, AIDS-Aktivist und ACT-UP-Mitglied, hat zu viele seiner Geliebten und Freund*innen sterben sehen. Das schlechte Gewissen zurückgeblieben zu sein, lässt ihn in der Vergangenheit verharren. Die Queer-Culture sieht er durch Heteronormativität bedroht. Und auch die heutige Generation schwuler Männer, die scheinbar unbesorgt und politisch indifferent durch das Leben gehen – das er und seine Generation erst durch ihre aktivistische Arbeit mit ermöglicht haben –, versteht er nicht mehr.
«When I was your age my friends were dropping like flies», erzählt er dem deutlich jüngeren Braeden, den er in einer Bar kennen gelernt hat. Die beiden entwickeln eine unerwartete Vertrautheit, was Sam‘s Sichtweise auf das gegenwärtige schwule Leben mehr und mehr auf den Kopf stellt. Indem Sam gezwungen ist sich mit seinem Trauma auseinanderzusetzen, zeigt «AFTER LOUIE» die Kämpfe auf, welche die queere Gemeinschaft in der Vergangenheit ausfechten musste und welchen Konflikten sie auch heute noch ausgesetzt ist.
Bar Bahar
Der Film taucht ein in den Alltag von Laila, Nour und Salma (so der slowakische Titel des Films), die in einer WG zusammenwohnen und die – jede auf ihre Art – auf der Suche nach Freiheit in einem gesellschaftlichen Dazwischen inmitten von Arbeit, Partys und Beziehungen sind: Die lesbische Salma, die mit ihrer direkten Art die Sympathie des Publikums schneller gewinnt, als sie einen Joint drehen kann, wird mit den homophoben Ansichten ihrer Eltern konfrontiert. Die tanzfreudige Erfolgsanwältin Laila muss erkennen, dass ihr hübscher Geliebter konservativere Ansichten hat, als es zunächst scheint. Und beide zusammen schaffen durch ihre blosse Anwesenheit für die, vollverschleiert bei ihnen eingezogene IT-Studentin, Nour einen Raum der Solidarität und bedingungslosen Unterstützung, als deren arroganter Verlobter ihr Streben nach Unabhängigkeit mit Gewalt beantwortet.
Samstag, 14. April 2018
17:00 Uhr: Apricot Groves
18:45 Uhr: Thelma
21:15 Uhr: Team Hurricane mit Party im Kulturladen
Apricot Groves
Der armenischstämmige Iraner Aram kommt aus den USA nach Armenien zurück, um dort mit Unterstützung seines Bruders Vartan Vorbereitungen für seine traditionelle Verlobungszeremonie zu treffen. Angefangen beim Friseurbesuch bis hin zur Blumenauswahl folgt der Film den beiden Brüdern. Mit reichlich Geschenken hält Aram bei der Familie seiner Freundin um ihre Hand an. Doch der potentielle Schwiegervater ist skeptisch, was sich eindrücklich beim ersten Handschlag zwischen den Beiden zeigt.
Apricot Groves widmet sich kulturellen, religiösen und nationalen Differenzen. Der Film fokussiert Aram’s Reise, um das zu erhalten, was er will. Statt zu dramatisieren, umfasst er mehrere komplexe Themen, ohne jedoch die Menschlichkeit seiner Charaktere aus den Augen zu verlieren. Die spannend erzählte Geschichte entfaltet sich langsam und besticht durch großartige schauspielerische Leistungen. Untermalt mit tollen Bildern scheint der Einblick in das Leben Armeniens sehr authentisch.
Thelma
Bis der Titel Thelma über die Leinwand flimmert, sind vier Minuten vergangen. Doch die sich aufwerfende Frage begleitet die Zuschauer*innen wesentlich länger. Im Prolog sehen wir einen Mann und ein kleines Mädchen. Sie sind auf einem Jagdausflug, laufen auf einem gefrorenen See und kreuzen im schneeverhüllten Wald schliesslich den Weg eines Rehs. Der Mann legt das Gewehr an und zielt – auf das Mädchen. Wieso will er sie erschiessen? Die Frage wird sich im Verlauf des Films klären. Dabei folgen wir der erwachsenen Thelma, die sich im Studium alleine zurecht finden muss. Zunächst zurückhaltend, legt sie zunehmend die Verhaltensmuster ihrer streng christlichen Erziehung ab. Sie beginnt zu trinken, zu rauchen und verliebt sich in ihre Freundin Anja. Währenddessen plagen sie Selbstzweifel und Schuldgefühle. Besonders die Anziehung zu Anja treibt Thelma in eine Sinnkrise. Dies klingt soweit vertraut, allerdings sind da noch epileptische Anfälle, tote Vögel und kreuchende Schlangen.
Team Hurricane
Bäm! Der Film Team Hurricane der Regisseurin Annika Berg ist eine Explosion der Farben und Emotionen und nimmt uns mit auf eine intime Reise in die Lebenswelten einer dänischen Mädchen-Clique. Team Hurricane ist Spass, Empowerment und Party. Bunt, verrückt und abseits der Konventionen erzählt der Film von der gemeinsamen Zeit im «Klubben», einem in die Jahre gekommenen Jugendzentrum, und zeigt, wie es ist, in der dänischen Normalität zwischen Plüschtieren, Kinderdisko und Pyjamaparties erwachsen zu werden. Die Protagonistinnen strotzen vor Selbstbewusstsein, gleichzeitig werden sie aber auch in ihrer Verletzlichkeit porträtiert. Die Freundinnen gehen durch dick und dünn und meistern ihren Alltag dank Sisterhood, Stil und Coolness.